Bundesverwaltungsgericht erklärt FINMA-Abschreibung der Credit-Suisse-Anleihen als rechtswidrig

Veröffentlicht von Marc Dubs & Carol Burkhalter am 27. Oktober 2025
Staat & Verfahren, Steuern & Finanzen

Die Gläubiger der Credit Suisse (CS) haben in einem der bedeutendsten Finanzrechtsfälle der letzten Jahre einen wichtigen Etappensieg erzielt. Das Bundesverwaltungsgericht hat am 1. Oktober 2025 entschieden, dass die von der Finanzmarktaufsicht FINMA angeordnete Abschreibung der sogenannten Additional Tier 1 (AT1) Anleihen im Umfang von 16,5 Milliarden Franken rechtswidrig war.

Die Abschreibung erfolgte im März 2023 im Zuge der Übernahme der CS durch die UBS. Grundlage war eine kurz zuvor erlassene Notverordnung des Bundesrats, welche der FINMA weitreichende Eingriffsbefugnisse gewährte, darunter auch die Kompetenz, die Anleihen vollständig abzuschreiben. Für die Inhaber der AT1-Anleihen – institutionelle Investoren, Pensionskassen und Privatpersonen – bedeutete dies einen Totalverlust. Rund 3000 Betroffene reichten daraufhin Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Das Gericht kam zum Schluss, dass die Voraussetzungen für eine Abschreibung nicht erfüllt waren. Die Verträge der Anleihen sahen einen solchen Schritt nur bei Eintritt eines sogenannten «Viability Event» vor, einer Situation, in der eine Bank ohne staatliche Hilfe unmittelbar insolvent wäre. Nach Auffassung des Gerichts war dies bei der CS nicht der Fall: Sie war weiterhin ausreichend kapitalisiert, und die vom Bund sowie von der Nationalbank gewährten Mittel dienten der Liquiditätssicherung, nicht der Eigenkapitalstärkung. Damit fehlte die vertragliche Grundlage für den Eingriff.

Darüber hinaus stellte das Gericht fest, dass auch keine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Abschreibung bestand. Der Eingriff verletzte die Eigentumsgarantie, da weder das Bankengesetz noch das Finanzmarktaufsichtsgesetz die FINMA dazu ermächtigen, Gläubigerrechte ohne Entschädigung aufzuheben. Teile der Notverordnung des Bundesrats überschritten nach Ansicht des Gerichts die Grenzen des zulässigen Notrechts und seien daher verfassungswidrig.

Die FINMA hat angekündigt, das Urteil beim Bundesgericht anzufechten. Offen bleibt, ob die abgeschriebenen Anleihen rückabgewickelt oder die Gläubiger entschädigt werden. Eine Wiederherstellung der Anleihen gilt jedoch als unwahrscheinlich. Beobachter gehen davon aus, dass eine finanzielle Entschädigung wahrscheinlicher ist. Unklar bleibt, ob diese vom Bund oder von der UBS geleistet werden müsste. Viele Experten vertreten die Auffassung, dass die UBS aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht haftbar gemacht werden kann.

Fazit

Das Urteil stellt einen Meilenstein im Spannungsfeld zwischen Finanzmarktaufsicht, Notrecht und Eigentumsgarantie dar. Sollte es vom Bundesgericht bestätigt werden, dürfte es weitreichende Folgen für den Umgang mit hybriden Finanzinstrumenten und künftige Kriseninterventionen des Bundes haben.